20. 07. 2024
Sudhagen. Gelb-weiße Fahnen geleiten in der Schlinger Straße zur Kirche St. Elisabeth. Die goldglitzernde 100 vor dem Gotteshaus ist schon von Weitem zu sehen. Morgens ab 6.30 Uhr sind Martin Jürgensmeier und Marita Münsterteicher zum Schmücken unterwegs gewesen, bereits am Vortag hatten sie die goldenen Wimpelketten über den Kirchplatz gespannt. Gerade bauen die Schützen bei schönstem Sonnenschein Tische und Stühle auf, da beginnt sich die Kirche langsam zu füllen. Zum 100-jährigen Jubiläum kommen viele Gäste. Sie freuen sich besonders, dass Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz sich die Zeit genommen hat, mit ihnen zu feiern.
Der Bischof spricht in flottem Tempo und wohl intoniert. Er hat sich sehr gut vorbereitet und kennt die Geschichte des Gebäudes, nimmt in seiner Predigt Bezug auf die moderne Ausgestaltung und hat auch gegoogelt, dass es von Sudhagen nach Delbrück 5 Kilometer Fußweg sind. Dieser war es vor über 100 Jahren, den die Sudhagener nicht mehr zum Gottesdienst laufen wollten, als sie beschlossen, eine eigene Kirche errichten zu wollen. Aber mehr als die Geschichte interessiert Bentz die Gegenwart.
Er zeigt sich beeindruckt vom Familienkirchen-Projekt, das in Sudhagen ein Zuhause gefunden hat. Denn das Immobilienkonzept des Bistums sieht vor, dass Gemeinden sich von Immobilien trennen sollen, die nicht mehr genutzt werden. „Es ist schwierig, Kirchen zur Disposition zu stellen“, weiß Bentz. „Aber in Sudhagen ist das nicht der Fall“, stellt er fest. Zwar „wohnt Gott mit den Menschen, er lässt sich nicht in ein Haus einsperren. Er ist größer als die schönste Kirche, die wir ihm bauen.“ Aber „auch die Menschen bräuchten Räume, die uns helfen in uns hineinzuhorchen, innezuhalten und irdisches wie himmlisches Leben zu feiern.“
Die Fürbitten verdeutlichten allen Anwesenden dann auch bildlich, was es für ein gelingendes Gemeindeleben braucht. Gesamtpfarrgemeinderatsmitglied Andreas Stratmann aus Sudhagen hielt den Werkzeugkasten parat und zeigte allen die Arbeitsgeräte, die sinnbildlich notwendig sind. Lektorin Claudia Meiwes trug es der Gemeinde vor: Der Hammer stand für Menschen mit Tatkraft und durchschlagenden Ideen, die Feile für die vielen mithelfenden Hände bei der detailgerechten Umsetzung und die Schraubzwinge für den organisierenden Zusammenhalt. Aber auch mutige Menschen, die Entscheidungen treffen, brauche es. Sie wurden mit dem trennenden, schleifenden oder polierenden Winkelschleifer verglichen. „Das eigentliche Werkzeug sind wir selbst“, griff Erzbischof Bentz dieses Bild in seinen Schlussworten dann auf und verabschiedete sich mit der süddeutschen Dankesformel, einem aufrichtigen „vergelt’s Gott“. Dass die Gemeinde später das Elisabeth-Lied anstimmte, war perfekt abgestimmt.
Im an die Messe anschließenden Festakt fragte Pfarrer Bernd Haase als Pastoralverbundsleiter die Gemeinde, ob St. Elisabeth noch „unsere Kirche“ sei. „Ist sie Heimat? Spüren wir emotionale Vergangenheit? Sollen Kinder und Neuzugezogene die Kirche kennenlernen?“ Auch er lud ein, die Immobilienstrategie im Hinterkopf, die Kirche mit Gebet, Gesang und Gemeinschaft zu füllen, „damit sie auch in 100 Jahren noch da ist“.
Kirchenvorstand Leo Bader bilanzierte, dass „früher nicht alles besser war, nur anders. Dass Gott noch immer da ist. Um heute mit den Menschen das Jubiläum zu feiern und morgen, das, was wir meinen und können.“ Stellvertretende Bürgermeisterin Ingrid Schormann, die ihre ersten 25 Lebensjahr in Sudhagen verbrachte, überbrachte die Glückwünsche von Rat und Verwaltung. Sie erinnerte sich an ihre Zeit als Messdienerin und Mitglied der Singschar in der zweiten Reihe. Und man sah manch schmunzelnde Gesicht, das unter der Leitung von Pater Wessling damals mit ihr dort gesungen hat.
Auch Romina Hötte, die als Zugezogene in der Sudhagener Kirchengemeinschaft schnell ein Zuhause gefunden hat, ermunterte die Menschen, sich wiederzufinden und zu beteiligen in der Gemeinschaft. Das Wandbild hinter dem Altar mit den 1.800 Menschen des Potsdamer Künstlers Stefan Pietryga sei ein gutes Beispiel dafür, wie das gelingen könne. „In großen wie kleinen Gruppen oder allein, stark oder schwach – aber eben alle in die gleiche Richtung gehend.“
Katrin Börnemeier vom Heimatverein Sudhagen zeigte auf, dass sich in Sudhagen bereits jetzt 800 Menschen ehrenamtlich engagieren. Das ist tatsächlich jeder vierte Einwohner. Zum Feiern kamen an diesem Tag viele Sudhagener, die Teil dieser Gemeinschaft sind. Gäste aus dem Pastoralen Raum wurden herzlich aufgenommen.
In der nachfolgenden Galerie finden Sie einige Impressionen vom Festtag in Sudhagen: