Viele Menschen erleben eine ernsthafte Erkrankung als eine tiefe Krise. Ernste Erkrankungen führen den Menschen an seine Grenzen und erinnern ihn an seine Sterblichkeit. Tatsächlich bedeuten viele ernsthafte Erkrankungen tiefe Einschnitte in das Leben. Vieles bisher Selbstverständliche ist nicht mehr oder nur noch schwer möglich, und im Erleben manches Erkrankten sind auch seine Beziehungen zu anderen Menschen tief von der Krankheit berührt.
Hier will die Krankensalbung Gottes Heil zusagen. Die griechische Kirche nennt die Krankensalbung „Euchelaion“, eine „wohltuende Salbung“ und verweist in besonderem Maß auf das alles Heil bewirkende göttliche Erbarmen. Entsprechend preist das byzantinische Gebet zur Salbung Gott den Vater als „Arzt unserer Seelen und Leiber“, der seinen Sohn gesandt hat, um von Krankheiten zu heilen und vom Tode zu erlösen. Nicht Vorbereitung auf das Sterben, sondern Zusage von Leben, von zeitlichem wie ewigem, das ist das Ziel der Krankensalbung, das sie mit allen anderen Sakramenten gleich besitzt.
Auch die Krankensalbung ist eine wirkliche liturgische Feier der ganzen Kirche, zu der ein Wortgottesdienst aus Lesung(en), kurzer Ansprache und Fürbitten gehören soll. Die Kernriten beginnen mit einer schweigenden Handauflegung. Sie orientiert sich an dem, was die Bibel von der Handauflegung berichtet und will als Heilungs- und Trostgeste sowie als Zeichen liebender Nähe verstanden werden, die gerade heute im Zeitalter überhand nehmender „Berührungsängste“ (Ansteckungsgefahr) von großer Bedeutung ist.
Im Gegensatz zu früher werden heute nur noch die Stirn und die inneren Handflächen gesalbt, die den Menschen in seiner Ganzheit als denkende und handelnde Person bezeichnen.
Prof. Michael Kunzler
aus: Prof. Michael Kunzler: Dienst am Altar Christi. Verlag Bonifatius GmbH. 2005. In: www.pfarrbriefservice.de